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Über das Fach

Die Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie erforscht kulturelle und soziale Transformationsprozesse, die sich in alltäglichen Lebenswelten manifestieren. Ihre Schwerpunkte liegen in der Ethnografie und empirischen Kulturanalyse sowie in der Analyse und Interpretation des historischen Wandels kultureller Phänomene. Dem Fach liegt ein reflexiver Zugang zugrunde, das heißt Kulturanalyse erfolgt auf der Basis des Wissens um die eigene subjektive Teilhabe und kulturelle Befangenheit.

Das besondere Fachinteresse gilt heute dem Alltag als Arena spätmoderner Lebenswelten: dem Alltag als Ort des Aushandelns von individuell-subjektiven und gesellschaftlichen Räumen zwischen den Geschlechtern, den Generationen oder den soziokulturell verschiedenen Gruppen und Interessen. Die Genderperspektive bildet den selbstverständlichen theoretisch-methodologischen Rahmen jeder empirischen Kulturanalyse.

Diese Ausrichtung ist in einen methodischen und theoretischen Rahmen eingebettet, der das Fach als integrative Disziplin innerhalb der Kulturwissenschaften ausweist. Das alltagskulturelle Handeln gesellschaftlicher Gruppen, seine Deutungen und Bedeutungen werden in ihren materiellen und immateriellen Objektivationen erfahren und in ihrer Vermitteltheit, ihren Widersprüchen und Veränderungen kritisch analysiert. Aus der Perspektive des Faches beschreibt Kultur ein prozesshaftes Geschehen, das mit und um den Menschen in aktiver Auseinandersetzung mit seiner Umwelt stattfindet und gleichzeitig normativ für sein Handeln ist. Kulturelles Handeln ist vielfältig und vollzieht sich sowohl in technischen, wirtschaftlichen, religiösen, sozialen und geschlechtsspezifischen Systemen als auch im Feld von Bedeutungen, Ideen, Wertungen und Gestaltungen.

Die methodischen Zugänge des Fachs zeichnen sich aus durch einen mikroanalytischen Nahblick, der sich auf das qualitative Methodenrepertoire der Kultur- und Sozialforschung und der Ethnologie stützt: namentlich auf die Ethnografie sowie auf Quellen- und Diskursanalysen von mündlichen, visuellen, auditiven und sachkulturellen Repräsentationen, Zeugnissen und Dokumenten. Die Untersuchungen gehen zumeist von kleinen Einheiten aus: von handelnden Menschen, Situationen, kulturellen Phänomenen oder Artefakten, die innerhalb vielfältiger Kontexte des Forschungsfelds interpretiert und in größere systemische und historische Zusammenhänge eingebettet werden. Die induktiv-hermeneutischen Verfahren der Kulturanalyse fußen auf den grundlegenden Kategorien der Erfahrung und des Verstehens und zielen auf die wissenschaftliche Herstellung oder Rekonstruktion von Sinn. Das Ziel ist daher nicht, Repräsentativität in einem statistischen Sinne herzustellen, sondern vielschichtige Bedeutungen zu erfassen.

Der europäische Raum als das empirische Feld einer Europäischen Ethnologie lässt sich weniger in einem territorialen Sinne verstehen, als als historisch begründeter Kultur- und Denkhorizont. Gemeinsam mit anderen Kultur- und Sozialwissenschaften trägt das Fach zur Bewusstwerdung und zur Lösung von gesellschaftlichen Problemen bei.

Der traditionelle Fachname "Volkskunde", der ursprünglich die Erforschung sogenannter popularer (=Unterschichts-) Kulturen bezeichnet, wurde durch den politisch-nationalistischen Volksbegriff des 19. und 20. Jahrhunderts ideologisch belastet. Dies führte zu Beginn der 1970er Jahre an vielen Instituten im deutschsprachigen Raum zu dezidierten Neuorientierungen und Umbenennungen der "Volkskunde" in "Europäische Ethnologie", "Kulturanthropologie" oder "Empirische Kulturwissenschaft". Diese kritische Auseinandersetzung mit der Fachidentität prägt das interdisziplinär orientierte "Vielnamenfach" bis heute.

Die Geschichte der akademischen Institutionalisierung der Volkskunde im deutschsprachigen Raum reicht in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Im Zentrum des Fachinteresses standen bis in die 1960er Jahre vor allem traditionelle Erscheinungen im (vorzugsweise bäuerlichen) Volksleben. Die theoretischen Auseinandersetzungen um die Entstehungsbedingungen und Entwicklung der volkskulturellen Erscheinungen setzten jedoch bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein und mündeten in die Folklorismusdebatte der 1970er Jahre. Die ideologische Vereinnahmung, welche die "Volksforschung" in der Zeit des Nationalsozialismus erfuhr, forcierte nach 1945 zunächst die methodologische Erneuerung des Faches. In den Nachkriegsjahrzehnten etablierten sich die sogenannte Historische Methode sowie deskriptiv-typologische Ansätze. Im Zuge des gesellschaftskritisch motivierten Paradigmenwechsels, der um 1970 die Geisteswissenschaften und besonders auch die Volkskunde erreichte, trat eine problemorientierte sozialwissenschaftliche Perspektive in den Vordergrund. Sie fragte nun nach kulturellen Prozessen, ihren gesellschaftlichen Ursachen und Wirkungen und öffnete den Weg für kulturanalytisches Arbeiten an gegenwartsbezogenen und international orientierten Fragestellungen.

Volkskunde wird seit 1924 als eigenständige Disziplin an der Karl-Franzens-Universität Graz gelehrt. Viktor Geramb erhielt als erster Habilitierter 1924 die Venia Legendi und 1930 das erste Extraordinariat für Volkskunde in Österreich. Er gehörte zu den bedeutenden Fachvertretern seiner Zeit und richtete nicht nur das Fach Volkskunde an der Grazer Universität ein, sondern hatte schon 1913 die volkskundliche Abteilung am Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum gegründet. 1949 wurde Geramb zum ordentlichen Professor für Volkskunde ernannt; im selben Jahr erfolgte die Gründung des Instituts für Volkskunde, das er bis 1955 leitete. Seine Nachfolger waren zunächst seine beiden Schüler Hanns Koren (Vorstand von 1955 bis 1972) und Oskar Moser (1972 bis 1984). Von 1986 bis 2007 war Editha Hörandner Ordinaria für Volkskunde und Vorstand des Institutes. Seit 2009 haben Johanna Rolshoven (Habilitation in Zürich) und Katharina Eisch-Angus (Habilitation in Regensburg) diese Funktion inne. Am Institut habilitierten sich Elfriede Grabner als international bedeutende Vertreterin der Volksmedizinforschung und Leopold Kretzenbacher. Weiterhin zählen zu den am Grazer Institut Habilitierten Elisabeth Katschnig-Fasch, Helmut Eberhart,  Adelheid Schrutka-Rechtenstamm und Burkhard Pöttler.

Institutsleitung

Univ.-Prof. Dr.

Katharina Eisch-Angus

Attemsgasse 25/I
A-8010 Graz

Telefon:+43 316 380 - 2585

Sprechstunden nach Vereinbarung per katharina.eisch-angus@uni-graz.at

Sekretariat

Attemsgasse 25/I
A-8010 Graz

Telefon:+43 316 380 - 2581

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