Angesichts multipler weltpolitischer Krisen, die auch und besonders in der Erzählung von der „Demokratie in der Krise“ gerinnen, wurde in jüngster Zeit die Überzeugung, Demokratie könne (und müsse) erlernt werden, aus verschiedensten Richtungen immer wieder bekräftigt. Der politischen Bildung in der Schule wird dabei stets eine besondere Rolle zugedacht. Die Förderung von Mündigkeit und Emanzipation sowie der Aufbau sogenannter Demokratiekompetenzen und die Befähigung zur Urteilsbildung sollen in der „Höllenmaschine Schule“ (Didier Eribon, 2016) stattfinden – Demokratie auf diese Weise als Lebensform erfahrbar und damit als Basis eines „glücklichen Lebens“ (Gloe, 2022) verstanden werden.
Trotz dieser recht hochgesteckten Ziele ist eine institutionelle Verankerung von „Demokratiebildung“, etwa als eigenes Unterrichtsfach in Österreichs Schulen, nicht in Sicht. Obwohl die Verknüpfung von funktionierender Demokratie und politischer Bildung („Demokratie ist Politische Bildung!“, Friedrichs 2020) schon fast als Gemeinplatz in öffentlichen Debatten erscheint, ist eine institutionelle Stärkung eben dieser Politischen Bildung nicht wahrscheinlich. Vielmehr suchen bildungspolitische Akteure ihr Heil im 1978 verfassten „Grundsatzerlass Politische Bildung“, der das Demokratielernen als Querschnittsmaterie allen Fächern überantwortet, und in der Verknüpfung von Citizenship Education mit dem historischen Lernen im Unterrichtsfach Geschichte. Beides erscheint, angesichts der etwa in der „Frankfurter Erklärung für eine kritisch-emanzipatorische Politische Bildung“ formulierten hohen Erwartungen, als ungenügender Rahmen für eine zeitgemäße Demokratiebildung. Wie die historisch-politische Bildung dennoch zum „Erlernen der Demokratie“ betragen kann und wo sie dabei an ihre Grenzen stößt, soll in dem Vortrag ausgeleuchtet und in kritischer Absicht diskutiert werden.