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Präsenz-Veranstaltung 03.11.2022 - 14.06.2023 19:00 - 20:30

VeranstalterIn

AG "Demokratieforschung"

Veranstaltungsort:

Ort: [0006EG0034] Hörsaal HS 06.03, Universitätsplatz 6, Erdgeschoß

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DEMOKRATIE ALS HERAUSFORDERUNG

Vortragsreihe im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft „Demokratieforschung“ im Studienjahr 2022/23

Die Arbeitsgemeinschaft „Demokratieforschung“ der Geisteswissenschaftlichen Fakultät an der Karl-Franzens-Universität Graz möchte auf die untenstehende Vortragsreihe im Studienjahr 2022/23 hinweisen:

Ort: HS 06.03, Universitätsplatz 6, 8010 Graz
Zeit: jeweils Mittwoch 19.00 bis 20.30 Uhr

Illiberale Demokratien, neue autoritäre Regime, geringe Wahlbeteiligungen, Populismus, eine allseits konstatierte vermeintliche Politikverdrossenheit der jungen Generation und multiple Krisen setzen unser demokratisches System unter Druck. Sie machen klar, dass das Funktionieren und der Fortbestand der demokratischen Lebensform nicht ohne Anstrengungen und stete Selbstreflexion gesichert ist. Die Vortragsreihe „Herausforderung Demokratie“ beleuchtet das Konzept Demokratie aus Perspektiven unterschiedlicher geisteswissenschaftlicher Disziplinen und fragt nach den Beiträgen, die die Geisteswissenschaften auf die beschriebenen Krisen der Demokratie leisten können. Die Vortragsreihe richtet sich an eine universitäre ebenso wie außeruniversitäre Öffentlichkeit.

PROGRAMM

9.11.2022 >>VORTRAG VERSCHOBEN AUF 3. MAI 2023!<<
Das Ende der antiken griechischen Freiheit und Demokratie unter Rom
Volker Grieb (Institut für Antike)

Die antike griechische Demokratie ist im modernen Verständnis eng verbunden mit dem Klassischen Athen und herausragenden Staatsmännern wie Perikles oder Demosthenes. Weniger bekannt ist, dass die Demokratie in der griechischen Stadtstaatenwelt auch über Athen und die Klassische Zeit hinaus eine weite Verbreitung besaß und sogar zu so etwas wie einer Standardverfassung wurde. Auch die großen monarchischen Territorialstaaten, die sich nach den epochemachenden Eroberungen von Alexander dem Großen herausgebildet hatten, führten nicht zu einem Ende dieser Demokratien – im Gegenteil. Es ist erst das imperialistische Auftreten Roms in der östlichen Mittelmeerwelt, das zu letztlich dauerhaften Veränderungen in allen demokratischen Stadtstaaten führen sollte und damit das unumkehrbare Ende der freiheitlichen antiken Demokratie bedeute.

Der Vortrag bietet einen Überblick über die Herausforderungen und Veränderungen, die sich für die Demokratien in der globalisierten Welt der nachklassischen Zeit zunächst durch die neuen und großen monarchischen Territorialstaaten, dann v.a. durch Roms Vormachtstellung im östlichen Mittelmeerraum ergaben. Dabei wird nicht zuletzt offensichtlich, dass in demokratischen Gemeinwesen die „Freiheit“ einen mindestens ebenso großen Wert besaß wie die Demokratie selbst und beide im Kern des demokratischen Selbstverständnisses untrennbar miteinander verbunden waren.

 

23.11.2022
Gambling Brexit

Liberalistischer Nationalismus und Populismus aus Sicht der Europäischen Ethnologie
Katharina Eisch-Angus (
Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie)

Die erste moderne Demokratie, eine integrative Nation, eine Kultur ausgleichender Vernunft: So wurde Großbritannien anlässlich des Begräbnisses von Elisabeth II. einmal mehr vorgeführt. Zugleich erleben wir in den Krisen der Gegenwart, vor allem aber im Brexit-Desaster, wie das Land auf beispiellose Weise zum Spielball populistischer Cliquen und einer sensationshungrigen Presse wird. Wie lässt sich dies verstehen?

Der Vortrag geht dieser Frage zunächst im Rückblick auf die Genese des politischen Liberalismus im Rahmen dessen nach, was François Ewald mit Foucault die „Versicherungsgesellschaft“ genannt hat. Anhand von ethnografischem Forschungsmaterial wird dann gezeigt, wie alltägliche Lebenswelten ambivalent von spielerischer Risikolust und suggestiven Ängste durchdrungen werden, in denen auch alte Nationalismen ihre Wiederkehr feiern.

 

7.12.2022
Demokratie und Utopie

Herrschaft des Volkes und ideale Selbstwahrnehmung in Perikles' Gefallenenrede nach Thukydides
Claudia Luchetti (Institut für Antike)

Die Demokratie als Regierungsform und das Konzept der Demokratie selbst sind keine moderne Erfindung, sondern haben ihren Ursprung im antiken Griechenland zwischen dem 7. und 5. Jhd. v. Chr. Obwohl sie in der Gesetzgebungstätigkeit Solons (638 v. Chr.) und insbesondere in seiner politisch-poetisch-philosophischen Konzeption der eunomia (gute Regierung) einen illustren Vorläufer hat, und obwohl sie später sowohl in der berühmten Verfassungsdebatte von Herodot (484 v. Chr.), sowie in den Tragödien des Aischylos (525 v. Chr.), insbesondere in den Schutzflehenden, zitiert als auch diskutiert wurde, und wenn es einen Text gibt, der als Manifest, ja sogar als ʽoffizielleʼ Geburtsurkunde der Demokratie gelten kann, dann ist es Periklesʼ Gefallenenrede, die der Historiker Thukydides in seinem Meisterwerk, dem Peloponnesischen Krieg (II, 37 1 ff.), wiedergibt. Perikles' Rede (495 v. Chr.), auf Altgriechisch epitaphios logos, wird zu Ehren der gefallenen Athener am Ende des ersten Jahres des Peloponnesischen Krieges (430 v. Chr.) gehalten.

Im Einklang mit der typisch griechischen Neigung, den Menschen als „politisches Tier“ zu betrachten, das nicht abgekoppelt von der Dimension seiner eigenen Polis vorstellbar ist, stellt Periklesʼ Epitaphios eine Verherrlichung der Demokratie nicht in ihrem abstrakten institutionellen Aspekt dar, sondern vielmehr als logische Konsequenz und Ausdruck des athenischen Geistes in politischer, wirtschaftlicher und soziokultureller Hinsicht.

Das athenische Wesen, sowohl als Individuum als auch als Gemeinschaft, wird von Perikles zu einem menschlichen Ideal erhoben, das als absolutes Paradigma für künftige Generationen gelten soll. Auf diese Weise wird die Demokratie gleichzeitig zur Verfassungsform der Polis und des Bürgers selbst und ist untrennbar mit dem Begriff der Utopie verbunden. Utopie bedeutet nicht notwendigerweise die Unrealisierbarkeit einer demokratischen Idee mit einer rein normativen Bedeutung. Die utopische Komponente in Perikles' leidenschaftlicher Rede evoziert vielmehr das enorme Potenzial, das die Demokratie den Bürgern der Polis zur Selbstgestaltung und zur Konstruktion ihrer eigenen Identität bietet, damit sie das werden, was sie wirklich sind.

Das ist das bleibende Vermächtnis der griechischen-attischen-athenischen Demokratie, ein wohl unvergleichliches Bewusstsein für die eigene Verfassung vereint mit einem Verständnis dieser Verfassung als Selbstverständnis. Aus diesem Vorbild können wir heute noch viel lernen.

 

11.1.2023
Memory institutions and everyday digital practices

Uses of cultural heritage and online ‘culture wars’
Chiara Zuanni (Zentrum für Informationsmodellierung)

The digitization of cultural heritage is often presented as a democratizing process, offering a broader access to the material and immaterial heritage informing a community’s identity. Digital media have also empowered communities in participating to the interpretation of cultural heritage, contributing their memories and perspectives. However, this digital transformation presents also challenges in regards of the possibilities of institutions to partake in it, the information and narratives that are shared, and the voices that are included in the process. Furthermore, cultural heritage is discussed and used online also by a variety of groups, which draw on memories and understandings of the past to support and foster a range of ideas and agendas.

This talk will draw on digital museology and critical heritage studies research to explore the uses of the past in a digital society and the EU policies in regards of heritage digitization and data, considering their relation to ideas of democracy.

 

25.1.2023
Brauchen Demokratien ein Recht auf Nicht-Übersetzung?

Christina Korak, Rafael Schögler (Institut für Theoretische und Angewandte Translationswissenschaft)

Ein Recht auf Übersetzung wird oftmals als eine Voraussetzung für das Funktionieren einer (multilingualen) demokratischen Gesellschaft angesehen, da der Zugang zu Bildung, Gesundheitswesen, politischer Mitbestimmung und intellektueller Diskursführung nur durch eine geteilte Sprache möglich wird. Übersetzungspraktiken bilden dabei ein wesentliches Element, um gegenseitiges Verständnis zu ermöglichen. Eine (idealtypische) demokratische und inklusive Translationspolitik unterstützt mehrsprachige Teilhabe am kulturellen und politischen Geschehen und ermöglicht es öffentlichen Institutionen in Medizin, Justiz oder Bildung ihren gesellschaftlichen Aufgaben gerecht zu werden. Weniger beleuchtet wird hingegen das Gegenteil, nämlich das potenzielle Recht unübersetzt zu bleiben. Welche Institutionen, Kollektive oder Einzelpersonen haben die Macht darüber zu bestimmen, welche Informationen preisgegeben werden? Wie wird ausgehandelt, welche Inhalte interpretiert werden und welche kulturellen Ausprägungen repräsentiert werden? Translation geht stets mit Bedeutungsverschiebungen und der Macht einher, die Andere:n darzustellen. Es stellt sich uns daher die Frage, ob es in einer Demokratie daher auch die Möglichkeit eines Translationsverzichts (Prunč) von Seiten der Translator:innen geben muss und ob Individuen oder Gruppen entscheiden können (sollten), ob sie überhaupt übersetzt werden sollen oder nicht. Diese Frage stellt sich ganz praktisch in mehrsprachigen gerichtlichen Verfahren oder bei gedolmetschten Gesprächen mit Ärzt:innen in europäischen Gesellschaften. Genauso betrifft das Recht unübersetzt zu bleiben die Darstellung von und Maßnahmen zur Zwangskontaktierung von in Abgeschiedenheit lebenden indigenen Bevölkerungsgruppen in Südamerikas Amazonastiefland. Der Vortrag wirft zunächst Fragen zum Recht auf Übersetzung sowie der Bring- und Holschuld  zum Ermöglichen von Kommunikation, Repräsentation und Translation in mehrsprachigen Gesellschaften auf. Durch Reflexionen zur Situation der Tagaeri-Taromenani, – indigene Bevölkerungsgruppen aus dem Amazonasgebiet, die in Abgeschiedenheit leben –  wird schließlich erörtert, unter welchen Umständen in demokratischen Gesellschaften, Personen, Gruppen oder Institutionen einen Translationsverzicht rechtfertigen können.

 

01.02.2023
Demokratie lernen?

Über Möglichkeiten und Grenzen der historisch-politischen Bildung.
Georg Marschnig (Institut für Geschichte)

Angesichts multipler weltpolitischer Krisen, die auch und besonders in der Erzählung von der „Demokratie in der Krise“ gerinnen, wurde in jüngster Zeit die Überzeugung, Demokratie könne (und müsse) erlernt werden, aus verschiedensten Richtungen immer wieder bekräftigt. Der politischen Bildung in der Schule wird dabei stets eine besondere Rolle zugedacht. Die Förderung von Mündigkeit und Emanzipation sowie der Aufbau sogenannter Demokratiekompetenzen und die Befähigung zur Urteilsbildung sollen in der „Höllenmaschine Schule“ (Didier Eribon, 2016) stattfinden – Demokratie auf diese Weise als Lebensform erfahrbar und damit als Basis eines „glücklichen Lebens“ (Gloe, 2022) verstanden werden.

Trotz dieser recht hochgesteckten Ziele ist eine institutionelle Verankerung von „Demokratiebildung“, etwa als eigenes Unterrichtsfach in Österreichs Schulen, nicht in Sicht. Obwohl die Verknüpfung von funktionierender Demokratie und politischer Bildung („Demokratie ist Politische Bildung!“, Friedrichs 2020) schon fast als Gemeinplatz in öffentlichen Debatten erscheint, ist eine institutionelle Stärkung eben dieser Politischen Bildung nicht wahrscheinlich. Vielmehr suchen bildungspolitische Akteure ihr Heil im 1978 verfassten „Grundsatzerlass Politische Bildung“, der das Demokratielernen als Querschnittsmaterie allen Fächern überantwortet, und in der Verknüpfung von Citizenship Education mit dem historischen Lernen im Unterrichtsfach Geschichte. Beides erscheint, angesichts der etwa in der „Frankfurter Erklärung für eine kritisch-emanzipatorische Politische Bildung“ formulierten hohen Erwartungen, als ungenügender Rahmen für eine zeitgemäße Demokratiebildung. Wie die historisch-politische Bildung dennoch zum „Erlernen der Demokratie“ betragen kann und wo sie dabei an ihre Grenzen stößt, soll in dem Vortrag ausgeleuchtet und in kritischer Absicht diskutiert werden.

 

15.03.2023 (HS 06.02)
Round-Table-Gespräch:

Demokratie brennt
Geisteswissenschaftliche Perspektiven auf eine gesellschaftliche Umbruchzeit

In unserer globalisierten Gegenwartsgesellschaft jagt eine Krise die nächste, die etablierten Demokratien stehen vor großen Herausforderungen. Was hat geisteswissenschaftliche Forschung dazu zu sagen, wie können in dieser Situation universitäre Freiräume für gesellschaftliche Reflexion und kritisches Verstehen geschaffen werden?

Zur Halbzeit der einjährigen öffentlichen Vortragsreihe "Herausforderung Demokratie" lädt die Arbeitsgemeinschaft Demokratieforschung an der KFU zu einer ersten Zusammenschau ein. Impulsreferate aus philosophischer, historischer, ethnologischer, sprach- und kulturwissenschaftlicher Perspektive werfen Fragen auf und ziehen erste Resümees. Ein anschließendes Round-Table-Gespräch unter Einbezug des Publikums stellt Querbezüge her und regt zum Weiterdenken an.

 

19.4.2023
Welchen Beitrag leistet die Holocausterinnerung zur Stärkung von Demokratie und Menschenrechten?
Gerald Lamprecht (Centrum für Jüdische Studien)

Der Zivilisationsbruch Auschwitz (Dan Diner) bildet den negativen Bezugspunkt für das demokratische Selbstverständnis Europas nach 1945. Dementsprechend stand und steht die Holocausterinnerung stets in Verbindung mit dem Sprechen über Völkerverständigung, Demokratie und Menschenrechte. Eine Verknüpfung, die mit der Globalisierung der Holocausterinnerung seit dem späten 20. Jahrhundert über Europa und die USA hinaus Gültigkeit erlangte, wie auch am 2005 von den Vereinten Nationen beschlossenen International Holocaust Remembrance Day abgelesen werden kann.

Diese integrative und gemeinschaftsbildende Kraft der Holocausterinnerung für Europa und darüber hinaus wurde und wird aber nicht zuletzt durch die Wende von 1989/90 und den europäischen Erweiterungsprozess ebenso wie aktuelle Debatten um das koloniale Erbe Europas herausgefordert. Neue Opfernarrative stellen die Singularität des Holocausts in Frage. In diesem Beitrag wird nach der Bedeutung der Holocausterinnerung im Sprechen über Demokratie und Menschenrechten ebenso gefragt wie ein Blick auf aktuelle Debatten gerichtet, die diese in Frage stellen.

 

3.5.2023
Loyale Imitation und das Spiel mit Rollen als demokratisierende Praktiken >>VORTRAG ABGESAGT!<<

Christine Abbt (Institut für Philosophie)

STATTDESSEN:
Das Ende der antiken griechischen Freiheit und Demokratie unter Rom
Volker Grieb (Institut für Antike)

Die antike griechische Demokratie ist im modernen Verständnis eng verbunden mit dem Klassischen Athen und herausragenden Staatsmännern wie Perikles oder Demosthenes. Weniger bekannt ist, dass die Demokratie in der griechischen Stadtstaatenwelt auch über Athen und die Klassische Zeit hinaus eine weite Verbreitung besaß und sogar zu so etwas wie einer Standardverfassung wurde. Auch die großen monarchischen Territorialstaaten, die sich nach den epochemachenden Eroberungen von Alexander dem Großen herausgebildet hatten, führten nicht zu einem Ende dieser Demokratien – im Gegenteil. Es ist erst das imperialistische Auftreten Roms in der östlichen Mittelmeerwelt, das zu letztlich dauerhaften Veränderungen in allen demokratischen Stadtstaaten führen sollte und damit das unumkehrbare Ende der freiheitlichen antiken Demokratie bedeute.

Der Vortrag bietet einen Überblick über die Herausforderungen und Veränderungen, die sich für die Demokratien in der globalisierten Welt der nachklassischen Zeit zunächst durch die neuen und großen monarchischen Territorialstaaten, dann v.a. durch Roms Vormachtstellung im östlichen Mittelmeerraum ergaben. Dabei wird nicht zuletzt offensichtlich, dass in demokratischen Gemeinwesen die „Freiheit“ einen mindestens ebenso großen Wert besaß wie die Demokratie selbst und beide im Kern des demokratischen Selbstverständnisses untrennbar miteinander verbunden waren.

 

10.5.2023
Demokratische Tendenzen im Umgang mit Obrigkeiten

Burkhard Pöttler (
Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie)

Das 18. und frühe 19. Jahrhundert war ein Zeitalter absoluter bzw. absolutistischer – wenngleich teilweise aufgeklärter – Herrschaftsstrukturen. Dennoch lassen sich auch in dieser Zeit demokratische Tendenzen feststellen, wenn Demokratie als Mitsprache möglichst weiter Teile der jeweils betroffenen Bevölkerung verstanden wird. Der Versuch von Untertanen, gemeinsam gegen die Grundobrigkeit vorzugehen, um gewisse Verbesserungen bzw. die Abschaffung von Missständen zu erreichen, lässt sich hier beispielhaft anführen.
Aus Sicht einer historischen Anthropologie geht es dabei nicht so sehr um rechtliche und offizielle Bestimmungen (die freilich mitberücksichtigt werden müssen), sondern um die subjektiven Ansichten, Meinungen und Handlungen der involvierten Personen und ihre Möglichkeiten, sich durch solidarisches Handeln auch gegen scheinbar unüberwindbare Machtkonstellationen durchsetzen zu können.
Ein konkretes Beispiel stellen die Aktivitäten dar, welche die Bürger der obersteirischen Stadt Oberwölz zusammen mit der im Umland lebenden untertänigen Bevölkerung der Herrschaft Rothenfels gegen den Vertreter des Bischofs von Freising als Eigentümer der Herrschaft und Stadtherrn von Oberwölz unternehmen, um sich gegen zahlreiche als Unrecht empfundene Missstände zu wehren.

 

24.5.2023
How to grieve a “terrorist” life?

Dehumanization and its Challenges for Democracy.
Leire Urricelqui (Institut für Philiosophie)

In this presentation, I analyze Judith Butler’s notion of grievability (Betrauerbarkeit) as a possible framework for understanding the differential production of the Human and the constitution of the inhuman enemy. The inhuman enemy—the enemy of humanity— results from a process of dehumanization that presents the enemy as an absolute threat and expulse them from the Human. Their expulsion justifies and presents violence against them as necessary. My argument is that grievability (the possibility to be grieved or not) can help analytically dismantle the processes that constitute the inhuman enemy. My proposal is to take this framework to add a distinction between 1) ungrievable lives that will not be grieved (the lives that would not count as a loss if and when they die), and 2) those lives whose ungrievability will be even more extreme because not only their lives would not count as a loss if they die but their grief will be forbidden and illegitimate. Taking the ‘terrorist’ as an example of a dehumanized and demonized life, I explore the difficulties that the ‘terrorist’ presents for grief and the way in which this category divides the population between those who are grievable and those whose grief is illegitimate. Thus, I investigate how the ‘terrorist’ can help understand the actual structures and vocabularies of recognition that exist for our political representation of the Human. To do so, I focus on two ISIS-attacks—Paris November 2015 and Barcelona August 2017—and their respective political and media responses. Following these examples, I examine if there is a present structure of support that sustains a so-named terrorist life, if there is a space in the public sphere for this mourning or even this question, and how is this term used to limit what can be marked as a life and the death that will count as a loss.

 

31.5.2023
Un/Gleichzeitigkeiten

Geschlecht und politische Partizipation in der Moderne
Heidrun Zettelbauer (Institut für Geschichte, Kultur- und Geschlechtergeschichte)

Der geschlechterhistorische Blick auf die Geschichte der Demokratisierung macht geschlechterspezifische Formen der Integration/Partizipation in das Feld des Öffentlich-Politischen sichbar, aber auch der Exklusion und Diskriminierung sowie Akte des Widerstandes und der Selbstermächtigung. Dies lässt sich konkret im Rahmen der (historischen) Entstehung eines feministischen Bewusstseins oder der politischen Frauenbewegungen in der Moderne zeigen. Gleichzeitig lassen sich aber auch spezifische Abwehr- und Schließungsstrategien sowie Gegenentwürfe zu einer Geschlechter- und sozial gerechten Gesellschaft und Kultur ausmachen, etwa im Rahmen antifeministischer oder antidemokratischer Bewegungen oder im Kontext rechter Politiken. Der Vortrag möchte sich aus der Perspektive von Geschlechter- und Intersektionalitätstheorien mit der Frage historisch-kultureller Ungleichheitslagen entlang von Geschlecht als „mehrfach relationaler Kategorie“ (also in Interaktion mit sozialen Differenzkategorien wie „Race“, Klasse, Alter, Ethnizität oder Religion) im Kontext moderner Demokratisierungsprozesse befassen. Einerseits werden konzeptuelle und theoretische Grundlagen einer Geschichte geschlechterbezogener Ungleichheitsverhältnisse in der Moderne erarbeitet, andererseits aber auch kollektive wie individuelle Strategien des Umgangs mit genderbezogenen Ausschluss- und Marginalisierungspraktiken im Rahmen moderner Demokratisierungsprozesse thematisiert.

 

14.6.2023
Der Exodus der Plebejer auf den Aventin und die Fabel des Menenius Agrippa

Überlegungen zur Hintergrundmetaphorik demokratischer Emanzipation
Laurin Mackowitz (Institut für Philosophie)

Ausgehend von der von Livius überlieferten Fabel des herrischen Bauches und der gegen ihn rebellierenden Glieder wird der Auszug der Plebejer auf den Aventin als emanzipatorisches Narrativ interpretiert, in dessen Zentrum die Konstituierung eines demokratischen politischen Subjekts steht. Der Vortrag analysiert die organische Metapher des Körpers des Volkes und das Narrativ des Exodus des Volkes aus einem Unrechtsregime hinsichtlich ihrer Genealogien und Wirkungsgeschichten, um zu zeigen, inwiefern die Vorstellung demokratischer Emanzipation durch die Verbindung topologischer und organischer Hintergrundmetaphorik geprägt ist.

 

BIOGRAPHIEN:

Christine Abbt ist Professorin am Institut für Philosophie und leitet den Arbeitsbereich Politische Philosophie. Sie forscht zum demokratischen Selbstverständnis seit den frühen Demokratien der Antike und argumentiert für einen transformativen Freiheitsbegriff. Schwerpunkte in Forschung und Lehre umfassen Sozialphilosophie, Kritische Theorie und Dekonstruktion. Ein besonderes Interesse gilt zudem Konzeptionen politischer Pluralität sowie Fragen der Gedächtnistheorie.

Volker Grieb hat in Köln, Hamburg und Nikosia Geschichte, Alte Geschichte und Klassische Archäologie studiert. Er wurde im Fach Alte Geschichte in Hamburg mit einer Arbeit zur Demokratie in hellenistischer Zeit promoviert und hat sich mit einer Untersuchung zu römischen Koloniegründungen in republikanischer Zeit in Graz habilitiert.

Christina Korak ist Post-Doc Forscherin im Projekt „Towards a Cosmovision Turn: Challenging Basic Translation Theory” und Dolmetscherin für Migrant:innen aus lateinamerikanischen und afrikanischen Herkunftsländern. Sie beschäftigt sich mit Translation in kolonialen und neokolonialen Zusammenhängen, u.a. in der von Erdölförderung und Missionierung geprägten Gemeinschaft der Waorani, und unternahm Forschungsaufenthalte in Ecuador, Peru und Mexiko.

Gerald Lamprecht ist Professor für jüdische Geschichte und Zeitgeschichte am Centrum für Jüdische Studien der Karl-Franzens-Universität Graz. Forschungsschwerpunkte sind jüdische Geschichte des 19. Und 20. Jahrhunderts, NS-Forschung, Geschichte des Antisemitismus und Gedächtnisgeschichte.

Claudia Luchetti ist Dozentin am Institut für Antike der Universität Graz und Fellow am Excellenzcluster des Profilbereichs Dimensionen der Europäisierung. Ihre Forschungsbereiche sind die Philosophie der Antike, ihre Kultur, Geschichte, Religion, Literatur und Sprache, mit einem Schwerpunkt auf Platon und der platonischen Tradition und ihrem historischen Einfluss auf das antike – insbesondere auf Aristoteles und Plotin – und moderne Denken, von Kant bis zum deutschen Idealismus einschließlich Hölderlin und dem Neukantianismus (insbesondere die Marburger Schule). Systematische Interessengebiete sind die Metaphysik, die Philosophie des Geistes (Subjektivität, Selbstbewusstsein und Selbsterkenntnis) und die Philosophie der Zeit.

Laurin Mackowitz ist Universitätsassistent am Institut für Philosophie der Universität Graz. Er promovierte 2017 am Institut für Philosophie der Universität Innsbruck mit einer Dissertation über politische Lektüren des biblischen Exodus-Mythos. Nach seiner Promotion arbeitete er als Research Assistent am Wirth Institute for Austrian and Central European Studies an der Universität von Alberta. Seine Forschung fokussiert auf die Imagination, Stabilisierung und Überschreitung kollektiver Identitäten. Sein Habilitationsprojekt hinterfragt Metaphern der Zugehörigkeit in philosophischen Diskursen über Migration und Flucht.

Georg Marschnig ist Senior Scientist am Arbeitsbereich Geschichtsdidaktik des Instituts für Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz. Als ehemaliger Gymnasiallehrer, Schulbuchautor und Referent in der Lehrer:innen-Fortbildung interessiert er sich für sprachsensible Geschichtsdidaktik, geschichtskulturelles Lernen und Subjektorientierung im historisch-politischen Lernen.

Burkhard Pöttler ist Ao. Univ.-Prof. am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie. Neben Themen aus dem Bereich der materiellen Kultur (u.a. Haus und Wohnen, Alltagsdinge und Technik) vertritt er verschiedene Bereiche einer Historischen Anthropologie, wie Lebensweisen oder Machtverhältnisse.

Rafael Y. Schögler ist Assoziierter Professor am Institut für Translationswissenschaft der Universität Graz. Seine aktuelle Forschung nimmt eine translationssoziologische Perspektive ein und beschäftigt sich mit Übersetzung in den Geistes- und Sozialwissenschaften, der Theoretisierung von Translationspolitik und dem Zusammenspiel von Translation und Cosmovision in der Übersetzung indigener Wissensformen.

Leire Urricelqui ist Universitätsassistentin am Arbeitsbereich Politische Philosophie der Universität Graz. Sie studierte Philosophie (BA-MA) an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. Sie promoviert an der Universität Luzern und hat zwei Forschungsaufenthalte am Centre Léon Robin (CNRS-Paris Sorbonne) und an der Universität Amsterdam (Philosophy and Public Affairs Research Group) mit einem Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds durchgeführt. Ihre Forschung konzentriert sich auf Fragen der politischen Gewalt und der Entmenschlichung sowie auf den Begriff des Menschlichen in der Tradition des westlichen Denkens.

Chiara Zuanni is an assistant professor in digital humanities at the Centre for Information Modelling, University of Graz. She studied Classics and Archaeology in Bologna, obtained a PhD in Museology from the University of Manchester, and worked in Liverpool and at the Victoria and Albert Museum in London, before moving to Graz in 2018. Her research focuses on digital museology and heritage studies (digitization of cultural heritage, digital mediation and engagement in museums, digital visitor studies, the musealization of digital cultures). In particular, she is interested in the impact of digital media and methods on the construction and mediation of knowledge in museums.

Aktuelle Informationen dazu finden Sie unter: https://kulturanthropologie.uni-graz.at/de/

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

Kontakt

Karl-Franzens-Universität Graz | Attemsgasse 25/I, 8010 Graz AG "Demokratieforschung"
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