Der Zivilisationsbruch Auschwitz (Dan Diner) bildet den negativen Bezugspunkt für das demokratische Selbstverständnis Europas nach 1945. Dementsprechend stand und steht die Holocausterinnerung stets in Verbindung mit dem Sprechen über Völkerverständigung, Demokratie und Menschenrechte. Eine Verknüpfung, die mit der Globalisierung der Holocausterinnerung seit dem späten 20. Jahrhundert über Europa und die USA hinaus Gültigkeit erlangte, wie auch am 2005 von den Vereinten Nationen beschlossenen International Holocaust Remembrance Day abgelesen werden kann.
Diese integrative und gemeinschaftsbildende Kraft der Holocausterinnerung für Europa und darüber hinaus wurde und wird aber nicht zuletzt durch die Wende von 1989/90 und den europäischen Erweiterungsprozess ebenso wie aktuelle Debatten um das koloniale Erbe Europas herausgefordert. Neue Opfernarrative stellen die Singularität des Holocausts in Frage. In diesem Beitrag wird nach der Bedeutung der Holocausterinnerung im Sprechen über Demokratie und Menschenrechten ebenso gefragt wie ein Blick auf aktuelle Debatten gerichtet, die diese in Frage stellen.